Donnerstag, 3. Juli 2008

Lucy V

5 roland arbeitete irgendwo bei der stadtverwaltung als
hausmeister - jedenfalls sagte er das - besser protzte damit 'rum.
aber ryke wußte es besser, roland war ein spitzel. der bauer
streichelt sein rind, weil er weiß wie die sind. er würde verdammt
vorsichtig sein müssen. am ende war müller gar noch richtiger
bulle. ryke postierte sich in der nähe seiner stammkneipe im park,
nachdem er zwei runden auf dem hauptweg gejoggt war.
entsprechend sah er aus: tiefe rote flecken brannten zwischen
augen und wangen. der schweiß lief in strömen. die atmung ging
heftig und stoßweise. die optik änderte sich alle paar sekunden,
mal wurde der blick klarer, mal schienen sich seine augen zu
trüben. die verkleidung war nicht so schlecht gewesen, er wollte
bloß noch intensivere schweißflecke in die achseln zaubern. jetzt
war sie wertlos - die verkleidung. er stöhnte und ächzte wie eine
kleinspurbahn. auch schien ihm das gleis auf einmal sehr breit zu
sein. er kriegte angst rauszufliegen. zwischen polen und der ukraine
stimmen die spurbreiten der eisenbahn auch nicht. dort müssen die
züge von einem gleis auf das andere umgehoben werden. aber
irgendwie trug das alles nicht zur verbesserung seiner lage bei.
da war er. ging in die gemeinsame stammkneipe und würde
vorraussichtlich eine halbe stunde oder zwei kleine biers lang
bleiben. dann würde er in seine wohnung verschwinden -
zumindest sagte er das immer -, um gegen neun erneut in der
kneipe aufzutauchen und dann die richtige show abzuziehen.
heutiges ziel war die ausspähung seines unterschlupfes, seiner
behausung, seines hauptquartiers. noch eine, höchstens zwei
kippen und er würde rauskommen und ryke würde ihm folgen.
rolands appartement lag in einem älterem mietshaus drei
straßen von der kneipe weg. das haus hatte einen kleinen
vorgarten, in dem massenweise beschissene gartenzwerge
rumstanden - sie waren voll vogelscheiße. ein großes tor führte auf
einen großen hof, der durch mauern und ein hinterhaus begrenzt
war. mehr konnte ryke auf distanz nicht erkennen. und näher
rangehen würde er erst, wenn er sicher sein konnte, daß er dem
bullen nicht über den weg lief. fünfzig meter die straße runter war
eine kleine konditorei mit angeschlossenen cafébetrieb. eine
günstige gelegenheit müllers mühle zu beobachten und gleich-
zeitig ein wenig zu entspannen.
der kaffee französisch kam und roland verließ das haus. ein
weiterer grund ihn umzulegen: ein café francaise für knapp fünf
mark und er konnte ihn nicht geniessen. hastig schüttete er die
braune brühe in sich rein und bezahlte an der verkaufstheke. müller
sah aus als wollte er einkaufen gehen. wer weiß? auf alle fälle
hatte er nicht viel zeit und viel zu tun. er checkte den hof und das
hinterhaus. der hof war doch nicht so groß, wie es zuerst den
anschein hatte. er reichte zumindest nicht aus, um sich sicher zu
verstecken und schnell und leise zu agieren. die tür zum hinterhaus
war abgeschlossen, auf einem der klingelschilder sein name. ryke
drückte den klingelknopf - vielleicht war er ja nicht allein, obwohl er
immer erzählte er wäre ein einzelgänger - ein steppenwolf.
niemand öffnete, vielleicht war er ja wirklich einer, oder hatte nur
zu viel oder zu wenig hesse gelesen. kam darauf an, wie man es
sah. er würde ihn jedenfalls totmachen wie einen tollen hund,
selbst wenn er vom wolf abstammten sollte.
er kam langsam unter zeitdruck. mußte sich beeilen. sonst
erwischte ihn rm gleich hier und würde seine vorteile ausspielen. er
würde sagen können, daß er ihn einfach mal besuchen wollte,
aber sie wüßten beide daß das gelogen wäre. also, auf, auf und
davon - 'nen kreis ziehen, sich vom acker machen. als er den
durchgang zum tor beschritt, fiel ihm der versenkte hauseingang
vom vorderhaus auf. nachts ein ideales versteck, wenn man vorher
das hauslicht ausschaltete. endgültig. eine lampe befand sich am
eingang. einfach ranzukommen. er würde heute abend
versuchen, unauffällig die lampe und damit das hauslicht kurz zu
schließen. und dann gnade dir gott, roland.

Keine Kommentare: