Donnerstag, 3. Juli 2008

Lucy III

3 sachbearbeiterin für die anfangsbuchstaben a-e zweite
etage, rechts, zimmer 212, wartezone links daneben. rauchen
verboten. billiges parfüm und der schweiß der toten männer - eine
frustrierende mischung. bis heute abend würden sich alle, oder
zumindest der großteil, der arme-leute-droge alkohol hingegeben
haben. das konnte man aus den grobporigen gesichtern mit dem
einen oder anderem blutgefäßdelta und dem steinbruch im mund
ablesen. er holte seine stütze in einem anderen stadtbezirk ab -
keiner brauchte wissen, auf welche art und weise er sein geld
verdiente - und erwartete niemand bekannten zu sehen. vier leute
vor ihm, tausende dahinter - er würde eine runde halbe, vielleicht
auch eine ganze stunde warten müssen und begann sein
zeitungsstudium: krieg, flugzeugabsturz, geiselnahme, terrorismus,
titten auf seite 3, volkszorn auf der 5, mord, raubmord, justizmord,
tausend niedere beweggründe, serie über berühmte serienmörder,
neueste liebesspielzeuge aus dem orient, mode für verrückte in
london, ausschreibungen für irgendwelche neubauten der
städtischen verwaltung, billige werbung, tinnef, tand, talmi -
schund. netter zeitvertreib.
"Nun Herr Behrendt, wir sind wohl nicht sehr erfolgreich bei der
Arbeitssuche, oder?", rastete die verquere torte aus. "Wie Sie
vielleicht wissen, können wir sie auch zu der einen oder anderen
Arbeit heranziehen. Wenn Sie weiterhin so unkooperativ sind, werde
ich etwas in der Art vorschlagen müssen!" er quälte sich ein paar
entschuldigungsworte raus und veränderte die reihenfolge seiner
schwarzen liste geringfügig. sie gab ihm den scheck und er ging ihn
an der kasse einlösen. im vorraum hatte derweil jemand versucht
zu drängeln und kurzfristig ein auge zugeschweißt bekommen, im
zonenknast hätte man das vielleicht selbsterziehung genannt, hier
nennt man das wohlfahrtsstaat. anderthalb stunden komprimierte
scheiße - in der einen oder anderen form - schlauchen. er würde
was essen gehen, daß heißt er würde sich irgendwas reinpfeifen,
sobald ein entsprechendes angebot des weges kam. die arbeit
war getan und man konnte zur siesta schreiten. die sonne hatte
den zenit ihrer bahn noch nicht erreicht, aber wenn sie es tat,
würde es auf der straße nicht mehr auszuhalten sein.

Keine Kommentare: