Donnerstag, 3. Juli 2008

Lucy I

1 heute war ein großer tag. straff strukturiert - ein programm-
ablaufplan der kaum zeit zum grübeln ließ. gut so. vormittags ein
paar barmittel acquirieren, nachmittags die pirsch und heute
nacht, wenn der mond durch den erdschatten wandern wird, des
tages abschuß. das dumme spitzelschwein hatte definitiv zu lange und zu
intensiv geschnüffelt; er hatte nichts gegen ihn, er hätte ja nicht
auftauchen brauchen. rike würde aufpassen müssen - vorsichtig
sein - die metamorphose richtig durchziehen - und er
würde als gewinner vom platz gehen. dieser gedanke sagte ihm
außerordentlich zu.
der radiowecker vermischte das atmosphärische pfeifen und
rauschen des unscharf eingestellten senders - ein geist der sich
weder für das diesseits, noch für das jenseits entscheiden kann - mit
dem schrillen weckton. er würde noch zeit haben, die weckzeit war
so eingestellt, daß er noch liegen konnte. er nahm den schlauch in
die rechte hand und fing an zu spielen, er dachte an den seiltrick
der indischen fakire und lächelte als er spürte, wie sich sein seil
verhärtete. Er stand auf und öffnete das fenster, sein gerät
beschrieb pendelnde auslenkungen aus der horizontale - es
erinnerte an einen prall gefüllten c4-schlauch der freiwilligen
feuerwehr. ob man wohl jemanden an einen durch wasserdruck
aufgerichteten, hinreichend langen schlauch in die wolken
schicken kann, wie die fakire? aber die haben das wohl über
massensuggestion geregelt. mit dem trockenfick wird das wohl nix
werden, er konnte seine gedanken nicht fokussieren. zeit dem
wecker das maul zu stopfen.
aufwärmphase. kaffee. kippe. kot. er ging sich rasieren. später
würde er kassieren. reime am morgen - kummer und sorgen. er
versuchte ein verdrießliches gesicht zu machen - und scheiterte.
das harte gelang ihm auf anhieb. die nächste halbe stunde dient der spiegel als
projektionsflõche der komplexen maschine mensch. der knacki,
der skipper, der lacki, der ripper. dreh das rad - mach dein spiel -
mit ein bischen glück - erreicht du's ziel. sein ziel war der ex-knacki.
zeit die kohle vom soziamt zu holen. vom bad durch den flur an der
küche vorbei ins wohn- und schlafzimmer waren es zwei schritte.
weitere zwei bis zum fenster. der ausblick war phantastisch: ein in
diesiges morgenlicht getauchter hinterhof mit ästhetisch plazierten
mülltonnen. irgendjemand hatte was mit frei sein und vögeln an
die wand gepinselt - in seiner stammkneipe würde er damit eine
pointe landen k÷nnen. vorrausgesetzt der blöde bullenspitzel
klaute ihm nicht die show. aber das würde sich heute ja eh klären.
er mußte ihn abschütteln, ihn loswerden, ihn terminieren. er hätte in
dieser stadt vorsichtiger sein sollen. was soll's. er würde es
durchziehen, eine weile die füße ruhig halten und sich dann
vielleicht auf eine bohrinsel verpissen oder nach kanada gehen.
man müßte sich irgendwie falsche pässe besorgen können. mit
den id-karten, die er selber fabrizierte, konnte man nur besoffene
penner aufs kreuz legen - er wußte das. aus eigener erfahrung.
das fenster verklemmte sich beim schließen. er schlug mit der
flachen hand gegen den rahmen unterhalb des fenstergriffes,
legte sein körpergewicht hinein und mit einem rasten war die
sache im kasten. eine leichte variation dieses schlages und man
konnte jemandem den kehlkopf brechen. die art des ganges
bestimmt die kleiderordnung: schwarze billigsporttreter, ins
gräuliche verwaschene jeans und ein graues joggingoberteil - eine
jacke würde bei der warmen witterung nur auffallen, die taschen
der jeans würden ausreichen. zeit den zwanzig quadratmeterknast
gegen das gefühl der freiheit zu tauschen, die daherkommt, wie
ein potemkinsches dorf - alles nur fassade: man kann die schatten
der gitterstäbe sehen.

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